PEEPSHOW: Ein zeitgenössisches Märchen von: MARIE BRASSARD

Das Einpersonenstück ist in mehrfacher Hinsicht ein Zweipersonenstück, auch wenn nur eine Person auf der Bühne sichtbar wird, Marie Brassard selbst, die neben Text und Inszenierung auch das Schauspiel bietet. Die Moderation der Stimme, als Kind, als Mann, sowie die Soundinstallation, ist von Alexander MacSween. Die Reduktion auf einfachste Mittel der "Hardware" nur ein Stuhl und eine Frau, lässt der "Software", der multimedialen Installation, Lichtbilder und Sound Spielraum zur Entfaltung. Dennoch bleibt das Stück kompakt, denn es passiert nicht Überflüssiges, es gibt kein Dekor. Das Mediale bleibt nah am Konzept, welches keineswegs eine PEEPSHOW im üblichen Sinne bietet, obwohl es durchaus auch um Sex geht. Marie Brassard lotet das ganze Spektrum der Gefühle aus, von Neugierde, Faszination angefangen bis zu Abhängigkeiten und Ausweglosigkeiten. Zwischen Versuch und Irrtum, Überraschung und Verweigerung, Erkenntnis und Bekenntnis bewegt sich ein Mensch und erzählt gleichzeitig viele Geschichten über viele Menschen, denn Begegnung verändert..Die große Frage, die sich dieser Mensch, diese Frau stellt ist: Welches Tor öffne ich zuerst, denn es gibt so viele Tore zu Erfahrungen!

Marie Brassard sammelte Erfahrungen zum Umgang von Menschen mit Gefühlen in alten Märchen, bei populären Songs, im Internet, bei sich selbst, bei anderen Menschen, die ihr Geschichten anvertrauten. Sie stellt bei aller Offenheit und Unverstelltheit die Intentionen zwar dar aber nicht bloß, es geht nicht darum den einzig richtigen Weg zu finden, es geht eher darum überhaupt einen Weg zu finden, den man gehen will und kann. Der Umgang von Menschen mit Gefühlen ist ein uraltes Thema in allen Künsten und damit es den "zahlenden" Betrachter nicht langweilt, werden immer wieder neue Darstellungsformen erfunden und gefunden. Wenn man davon ausgehen kann, dass der hohe Prozentsatz von eher jungen Leuten unter den Besuchern etwas über eine Zeitgenossenschaft des Stückes aussagt, dann hat Marie Brassard "aktuelles" Theater gemacht. Offenbar setzt man auch im Theater wieder auf "Imagination", Erotik in Stimme, Text und Atmosphäre. Dies geht parallel zu anderen Kunstformen, in denen man neuerdings auch wieder den Betrachter als Partner versteht, nicht im Sinne plumper Mitspielaktionen, sondern im Sinne persönlicher Erfahrung.

Gesehen in Halle G im Museumsquartier Wien, im Rahmen der Wiener Festwochen 2005