Mit Richard Burdett, aufgewachsen in Rom, tätig in London, wurde ein Kurator für die Architektur Biennale in Venedig bestellt, der über die Zusammenhänge von Architektur, Stadtplanung und gesellschaftlicher Entwicklung ein Gesamtbild zu erstellen bereit war und damit den Zeichen der Zeit. Verkehrswege, Statistiken, Bestandsaufnahmen, Prognosen, prägen das Bild dieser Biennale.

Die Wachstumsprognosen der Städte und die Dichte der Verbauung bietet Überraschungen, europäische und amerikanische Städte werden bezüglich Einwohnerzahl, der Dynamik des Wachstums, aber auch einer für den Lebensstandard wohl kaum bekömmlichen Baudichte überflügelt

Der spanische Pavilion bezog sich auf "ciudades", Städte, die wie in deutsch mit weiblichem Artikel verbunden sind, und widmete die Ausstellung der Sicht der Frauen auf ihre Stadt. Auf Videoscreens halten Frauen Reden, erklären ihr Engagement, als Architektinnen, Museumsdirektorinnen, Frauen im öffentlichen Dienst, Frauen die Initiativen gestartet haben, sich einsetzen für all die Belange die im Leben notwendig sind, Frauen die ihre Stadt mitgestalten, verwalten und die Städte beleben.

Wie bei jeder Architektur-Biennale, sind Österreicher nicht nur im Östereich-Pavilion vertreten, auch für das Thema öffentliche Plätze, Verkehr, die bei dieser Biennale mehr gefragt sind, mischen Österreicher mit. Die Welle der Museumsbauten ist abgeebbt, Verkehrsknoten sind angesagt.

La beauté de l´ ordinaire, die Schönheit des Gewöhnlichen, ein Film im Belgischen Pavilion, zeigt alltägliche Urbanisation, die Langeweile von Vorstädten, nichts Besonderes, aber dennoch typisch. Die Architektur ist zusammen gewürfelt, man sieht die Spuren der Zeit und Menschen die sich darin bewegen. Welche Perspektiven haben die Bewohner? Sind sie zufrieden? Das ist Heimat für Viele.

City of the others...Slums, Blechhütten, Holzhütten, dicht aneinander gedrängt, verschachtelt, schmale Wege, Vordächer, hin und wieder ein Baum, ein endloses Muster, wenn man es als Luftaufnahme sieht, so stellt Venezuela Stadt dar, und davon gibt es in Südamerika weite Flächen in den Städten.

Massen und Elend kommt immer wieder vor, wird hergezeigt, bei dieser Biennale, Wohnraum beschränkt sich bis zur Größe von einem Bett. Aber auch andere Vermassung wird ironisch dargestellt, Korea zeigt in "Catalog City" wie man eine Wohnung aus dem Katalog kauft, fertig eingerichtet in verschiedenen Stilen, unpersönlich persönlich sozusagen.

Große Worte (Inhabitant architecture, political, popular and activist architecture, the archtitecture of play, the architecture of articulated monads ecetera..) und großes Chaos im Französischen Pavillion, aber man geht in die Offensive, spricht aus was Sache ist - Vieles gibt es nicht mehr, das vor wenigen Jahren noch undenkbar war - nicht einmal das Wasser reicht wirklich. Das was da in den Experimenten entsteht hat mit den großen Bauten der letzten Dekade nichts zu tun, kleinteilig und in der Optik an "naive" Architektur erinnernd (selbstgestrickt) entstehen andere ästhetische Felder und eine Art Wohlbefinden bei "work in progress" mit dem was eben da ist.

Österreich blickt zurück, nach vorne und vernetzt sich. Unter STADT RAUM FORM wird Friedrich Kiesler´s Raumstadt von 1925 zur Diskussion gestellt, (die Stadt als Bühne) vorgestellt mit der Hängebühne als neuer Theatertechnik, Hans Hollein´s Flugzeugträger von 1964, das kompakte Modell einer Stadt die Umraum zuläßt (das Problem war ja damals die Verhüttelung)

Mit Rock over Barock (Young and Beautiful) gibt sich Österreich sehr positiv, knüpft an die Entwicklung an, in der Österreicher schon länger international punkten können, den "skulpturalen Architekturen", zeigt dabei die jüngere Generation, die in die Fußstapfen der Erfolgsgeneration tritt und genauso radikal ist (und auch formschön) wie die Pioniere. Wolfgang Tschapeller (als extremstes Beispiel) morpht Gebäude, oder faßt Skelette in Kuben, denkt in Zellenerneuerung und Implantaten.

Die dicht besiedelte Schweiz positioniert sich einerseits als "Loch in der Landkarte", mit Bernard Tschumi, einem Schweizer Bürger der in Paris und New York lebt und arbeitet, aber als Teil einer globalen Konzeption die nicht nur für die Architektur notwendig geworden ist. Mit Elliptic City / IFCA schlägt er eine Verschränkung von Natur und Finanzplatz jenseits der Metropolen vor, situiert auf einer großen Karibik-Insel. Bleibt zu hoffen, daß in solchen Reservaten Lösungen erdacht werden für eine Entflechtung der Megastädte, die derzeit auf der ganzen Welt Landbewohner anziehen, die aber dort zu einem immer größer werdenden Anteil weit weniger Leben haben als je zuvor.