Neue Berufsgruppen
wie "Nachgoogler und Plagiatsjäger gegen textuellen
Missbrauch" wie sie Stefan Weber für nötig hält, werden
zum Gebot der Stunde, denn immer mehr Leute klauen Content im
Internet und erwerben damit sogar Doktorate. Wie kommen nun all
jene, die gute Arbeit geleistet haben dazu, dass ihnen von
zynischen Nichtskönnern und faulen Dieben die raren Plätze
weggeschnappt werden? In manchen Kulturfeldern ist es aber noch
schlimmer, da geht es auch noch um heftiges Posten gegen die
besseren Konkurrenten. Nun kann man sich schon das aufheulen der
Freiheitsliebenden: Vorsicht Polizeistaat! ausmalen, dass
Freiheit nicht die Freiheit beinhalten kann unter falschen
Vorgaben, mit gefakter Biografie, nicht vorhandenem Content
Doktorwürden oder Kulturpreise zu erringen, passt offenbar
gewaltbereiten Strategen nicht mehr in den Kram.
Da immer mehr Zuständigkeiten
ausgelagert werden, an Menschen die angeblich so gut
"managen" können, aber nicht mit geeignetem
Fachwissen für den zu vermittelnden Content ausgestattet sind,
geht wohl kein Weg an Fachjurien, Beiräten, Beratern mit dem
entsprechenden Hintergrund vorbei, aber auch der Notwendigkeit,
diesen Zeitaufwand einzukalkulieren. Anderenfalls muss man davon
ausgehen, dass mutwillig Qualitätszerstörung in Kauf genommen
wird. Ein kleines Rechenbeispiel
mag auf Größenverhältnisse von Förderungen verweisen.
Vom Bundeskanzleramt Sektion
Kunst, werden Förderpreise zu je 5.500€ in mehreren Sparten,
an Künstler vergeben, die sehr wohl schon durch entsprechende
Leistungen aufgefallen sind, und von einer wechselnden Jury, die
ebenfalls durch dem Fach entsprechende Publukationen und
Tätigkeiten aufgefallen ist vergeben, Würdigungspreise sind
doppelt so hoch, beziehen sich aber auf eine lang anhaltende
qualitätvolle Tätigkeit. Bei internationalen Festivals ergibt
sich ein ähnliches Bild, Preise bewegen sich auch etwa in
dieser Größenordnung. Darüber hinaus gibt es noch einige
höher dotierte Preise, die ein Lebenswerk honorieren. Dann gibt
es noch einige wirklich hohe Preise von Stiftungen, die
weltweite Aufmerksamkeit erringen. In aller Regel kann man den
gleichen Preis nicht zwei Mal gewinnen. Um die höchsten Preise
kann man sich nicht bewerben, hier werden die Autoren nominiert,
was einen Bekanntheitsgrad voraussetzt.
Die Stadt Wien hat die Fördervergabe
für Netzkulturen einer Community überlassen, das
sah auch vorerst nach willkommenem Experiment aus, schließlich
wurde bisher Geld nur durch Direktförderung der zuständigen
Beamtin vergeben, was ja auch nicht den Anforderungen der
Zeit entspricht: Künstler hatten vor Jahrzehnten für Jurien
und Beiräte gekämpft, weil sie nicht jahrzehntelang von dem
gleichen Beamten abhängig sein wollten. Der Fördertopf
hieß Medienkunst, ist aber jetzt weg, heißt Netzkultur
(auch der Begriff Netzkunst ist weg) und soll bis 5.000€
Beträge an junge Künstler vergeben ( schön für die Jungen,
das haben jahrzehntelang Medienkünstler, wie gut auch immer sie
waren, nicht gehabt). Der große Rest, 500.000 € ein neuer
Posten, den der Kulturstadtrat locker gemacht hatte, wird
experimentell vergeben. Auch das sah zuerst gut aus, denn eine
Aufteilung in zwei Kategorien, backbone und networks, besagte,
dass es einerseits um Strukturförderung gehen soll,
andererseits um Projekte von
Einzelkünstlern oder Labeln. Ein kleines Festival sollte als
Leistungsschau zeigen was da gemacht wurde und wird. Ein
Koordinator wurde bestellt, der aber der Community gegenüber
nicht zugab dass er bezahlt ist, aber dauernd über seine
Überlastung jammerte, und vor alllem bei der ersten anstehenden
Geldvergabe, mit der Verwaltung der Einreichungen überfordert
war. Von den etwa 200 Einreichungen waren fast die Hälfte ohne
die erforderliche Bio und ohne Links und Konzepte. Daraufhin
wurde ein Validierungskommitee bestellt. Zum Problem wurde die
Geldvergabe aber dennoch, da der Spielemodus zu dem sich die
Community durch Wahl entschlossen hatte, erstens technisch nicht
funktionierte und zweitens eine Hochrechnung der durch
Abstimmung erworbenen Gelder auf jene die mehr hatten vorsah,
wenn man einen bestimmten Betrag nicht erreichen konnte. Die
Blöden beim Spiel waren dann all diejenigen, die nach bestem
Wissen und Gewissen wählten. Gefragt war ein Rechenexempel,
nach dem sich Leute vernetzten um Gewinn zu machen. Das hat so
gut funktioniert, dass ein Einreicher ohne Bio
und ohne Projekt die meisten Punkte bekam. Daraufhin wurde vom
Koordinator, Kokoordinator und einem Spezialisten für agressive
Werbung ein Jubelmail in die Welt geschickt. Die zweite Phase
mit dem zweiten Koordinator begann, ohne die versprochene
Offenlegung durch den ersten, aber auch der zweite Koordinator
hinterließ seine Abrechnungen dem dritten Koordinator, der
nachdem er alles neu machen wollte, und vor allem eine
moderierte Liste, die ja wegen der groben Ausdrucksweise auf der
freien Liste gefragt war installierte hatte, wegen
Unvereinbarkeit von Einreichung und Koordination zurücktreten
mußte. Als Alternative wurde, oh Wunder, ein Kollege aus dem
gleichen Verein vorgesehen, das war nun vereinbar? Er ist auch
der Konstrukteur des zweiten Wahlmodells, das er zwar gut
vorbereitet hatte und auch durchzog, was aber nichts an der
Taktik der Bandbusse (Ausdruck für strategisches Wahlverhalten
durch Absprachen) änderte.
Zur aktuellen Wahl: backbone und
network traten willkürlich vermischt auf, unter den 36
Einreichungen für network sind kaum noch Künstler, auf
jeden Künstler kommen mehrere Plattformen, die ja dann alle was
für Künstler tun wollen. Das Spiel besagte, dass Producer sich
gegenseitig Punkte vergeben und sie auch den Trusties Punkte
geben, die als eine Art vor Ort gewählter Jury hernach
ausgleichend wirken sollten, sei es um Leuten, die knapp die
2.500€ verpaßt hatten, ihre Punkte aufzustocken, sei es um
Leute die zu viel bekommen haben, mehr als 15.000€ diese
wieder wegzunehmen, oder auch Geld an Projekte zu vergeben, von
denen sie vermuten, dass sie mehr brauchen. Das Tool ist
transparent, daher kann man sehen, wie die Trusties gespielt
haben, die übrigens ebenfalls Teil von einreichenden
Gruppierungen sind (Unvereinbarkeit?!) Um die Handlungsweise zu
begreifen, muss man allerdings viel gegoogelt haben, und oder
die Szene kennen. Auch diesmal gab es einen so fulminaten
Sieger, TagR kam nach meiner Erinnerung im letzen Augenblick auf
die Liste, dies deckt sich mit der Einschätzung von Piringer,
der aber als Antwort bekam, der jetzige Koordinator wäre
gebeten worden, den Namen zu ändern, ich habe das Projekt
vorher auch nicht gesehen, nicht nur den Namen. Ganz abgesehen
davon, dass die Projekte vor Wochen eingereicht wurden bei
Fassl-Vogler, dem zweiten Koordinator Grenzfurthner übergeben
wurden und wochenlang nicht veröffentlicht wurden, dann dem 3.
Koordinator Paul Böhm übergeben wurden, der sie schließlich
veröffentlichte auf seinem neuen Tool und sofort abgelöst
wurde von Trawoeger, zeigt auch das Trustiee-Modell die Zähne.
Da wäre zu nennen, das Tauschgeschäft, Friesinger vergibt
8.000€ an pooool und Lutschinger 8.000€ an
Sowjet-Unterzögersdorf, also die jeweils ander
Vereinszugehörigkeit, oder 15.000€ von Lutschinger an TagR
(wieder ein Projekt ohne Biografien) aber auch noname schafft es
wieder unter die Spitzenreiter, konsequent ohne Bio und mit
einem Satz als Konzept. Dafür hat Piringer zumindest von seinen Freunden
nichts mehr bekommen, ist er vielleicht jetzt unbeliebt, weil er
zu genau schaut, und enttäuscht ist über die Liste in der es um
nichts mehr geht was ihn interessiert........Ja, und es gibt
immer noch 17 Einreicher die sich ihre Punkte nicht selbst
verpasst haben, also alle die unter 100 Punkte haben.
Unter Netzkultur wird übrigens
von Vielen nicht Kultur im Netz verstanden, sondern strategische
oder gesellschaftliche Vernetzung, und viel Realraumförderung,
sowie Aktionen im Realraum. Inhaltliche Diskurse wurden
abgeblockt, an Kriterien nicht gearbeitet und mit schöner
Regelmäßigkeit wurde jeder Ansatz in diese Richtung mit
Runtermache gröblichst bestraft. Zuerst war Kunst überhaupt
verpönt "Du wirst doch nicht von Geschmack reden",
als sich aber ein Kunstanspruch nicht ganz wegreden ließ, haben
sich garade jene zu Künstlern und Wissenschaftlern stilisiert,
die es nach ihrer Bio nicht sind, oder die eine solche nicht
preisgeben. |