Was wäre eine "documenta" ohne Proteste? Witzig dabei ist, dass sich ja gerade diese documenta sehr um die Kasseler, die Bewohner vor Ort bemüht, zumindest liest sich das so im Konzept. Ob gerade das zum Protest ermuntert? Sie sehen ein Highlight für 100 Tage und dazwischen Ebbe.

Während der Rest der Künstlerschaft sich unauffällig vor dem Fredericianum brav aufgereiht zum Fotoshouting präsentierte, hebt sich Romuald Hazoumé mit einem ins Auge springenden Outfit, kommunikativer Rede, und einem politisch etikettiertem und romantisch visualisiertem Traumschiff ab, strapaziert  den Reiz der Exotik und trifft auf eine Nische die bei Besuchern gut ankommt. Nicht so gut kam die Pressekonferenz an, bemühte Demokratisierung und kapriziöse Attitüden des Dokumentaleiters hielten sich zwar die Waage, doch der zündende Funke fehlte. Die documenta, die laut Geschäftsführer Bernd Leifeld, alle 5 Jahre neu definiert wird, hat sich diesmal unter "medial" oder Medienkunst, den Bereich der Reflektion (Zeitschriften) einverleibt, was im Vorfeld noch als möglicherweise nützliche Strategie aussah, langweilt zumindest die Medienschaffenden die zur Pressekonferenz kommen, die Jeder/Jede kann mitmachen Strategie, im Schnellsiedekurs für Medienmache, die Lehrangebote entsprechen vielleicht den Wünschen von Stadtregierungen, die internationalen Besucher erwarten vielleicht eher einen Vitaminstoß in Sachen Kunst. Alles kann man nicht gleichzeitig haben, ein Programm (z.B. Filmprogramm) das sich über viele Wochen erstreckt, ein Event- Mitspiel- und Vermittlungsprogramm, hat eine andere Kundschaft und andere Botschaft als jene die man von einer Großausstellung erwartet. Die Ausstellung selbst ist nicht wie eine Reise auf den Berg, von dem aus man weites Land sieht, sich über die eigenen Grenzen hinaus katapultiert wähnt und das als ein Stück Glück empfindet, als Lehre ohne Lehrer. Ruth Noack (Kuratorin) und Roger M. Buergel (Künstlerischer Leiter der documenta 12) privilegieren laut eigener Aussage die direkte Erfahrung vor dem Kunstwerk, das klingt gut, nur entbindet dies kaum von einem nachvollziehbaren Konzept, das man genießt, akzeptiert, oder zu dem man sich in Gegnerschaft begeben kann und Kritik übt. Nun gibt es auf dieser documenta so viele Zeichen der Zeit, dass sich schwer der Überblick, oder jenes Gefühl einstellen kann, den "Zeichen der Zeit" gegenüber zu stehen. Beredet wird vorwiegend das Gerede, als Aufreger fungieren die "Sager" von Roger M. Buergel, diese provozieren, z.B auch so seltsame "Kreativitäten" wie die Etablierung einer "Buergelmaschine" ( ein Generator für Texte über Kunst ) als Internetplattform.

Auf der Suche nach zeitgenössischen Komponenten, einige Bildhinweise:

Raumarbeit von IOLE DE FREITAS Ohne Titel, 2007, Edelstahl, durchsichtiges und durchscheinendes Polycarbonat, eine der Arbeiten die Raum geben und Denkraum freilassen.

Hardware, von ANATOLI OSMOLOVSKY, 2006, versöhnt mit dem Kunstwerk als Objekt.

INES DOUJAK erfüllt die Erwartungen an ein zeitgenössisches Kunstwerk vollumfänglich. Es ist nicht nur politische Architektur, die globale Anliegen aufgreift, bearbeitet, sinnfällig und nachvollziehbar aufbereitet, es ist auch ein Stück fürs Auge, Inhalt und Form fallen ineinander, folgen einer inneren Logik, und sie überraschen. Es ist nicht so, als ob man das sowieso schon x mal aufgebrüht gesehen hätte, es ist aber auch nicht gewollt spektakulär, es ist ästhetisch reizvoll, vielschichtig, dennoch ist nichts zu viel oder überflüssig. So wie bei einem gelungenen architektonischen Werk, wurden Anforderungen erfüllt mit bestmöglichem Design.

Der neue Aue-Pavillon (rechts) beinhaltet leider auch tropisches Klima und mangelhafte Beleuchtung, sieht halt wie ein Gewächshaus (der Kunst?) aus. Die Inkludierung des Museums am Wilhelminenberg in den Reigen der Ausstellungsplätze ist die bessere Komponente, und wäre vielleicht strikter ausgebaut (als nebeneinader von aktuell und museal) eine griffige Idee gewesen. Die Parkanlagen waren schon besser genützt, bei früheren documentas.

www.documenta.de