Wer wird es tun? Sein oder ihr Leben ändern. Das ist die
spannendste Frage am Ende des Buches, welches mit den Prognosen, die
nach der Moderne und Emanzipation, die Rückkehr der Religionen kommen
sehen, nicht einverstanden ist. Ein Aspekt des Trainings, der
Weiterentwicklung (das ja gerade die Religionen verabsäumt haben) sieht
Sloterdijk in anderen Bereichen ziemlich ausgeprägt, im Sport und in
den Technologien. Er ist kein Freund der "alle können alles"
Theorie die keinerlei Weiterentwicklung möglich macht; denn wenn man
sich immer an den schwächsten und faulsten Zeitgenossen orientiert, an
den in Traditionen festgeschraubten Manifestationen, gibt es keine
Weiterentwicklung, welche die Menschheit jedoch immer wieder in Schüben
vollbrachte. Den Horizontalen setzt er die Vertikalen entgegen, und
schreibt quer durch unendlich viele Philosophien und Praxen ein Loblied
auf die Vertikale, auf eine Überwindung des Selbst, so wie man es
vielleicht mitbekommen hat, oder wie es anerzogen wurde, zugunsten jener
Trainingsmethoden, die Menschen über sich hinaus wachsen lassen, auch
wenn sie damit scheitern mögen.
Wer es genau wissen will, wer möglicherweise in den Kreis der Übenden treten will, wer wirklich mehr aus seinen Talenten machen will (abgesehen vom Geld) und durch das Üben und Leben Einfluß nehmen will auf die Entwicklungen die sich auf unserem Planeten abspielen werden, kann in dem Buch Anregung finden. Warum hier, warum in dieser INTERNETKUNSTZEITSCHRIFT? e-motionArtspace wird 6 Jahre alt, sozusagen schulreif, und sieht mit wachsendem Entsetzen, was alles unter Kunst subsumiert werden will. Es entsteht wirklich die Frage, wozu es überhaupt noch Kunsthochschulen gibt, wenn banalste Wiederholungen, dümmliche Sozialakte, strategische Geldbeschaffungsmethoden, oder die einfachste Benützung trottelsicherer Tools im Internet zur Kunst erklärt werden. Kunsthochschulstudenten sind dabei keineswegs ausgenommen, denn Web 02 ist überall. Die Öffnung zu allem und jedem, der Anspruch dass alle mitmachen dürfen, ja sollen, hat jede Form von Qualtät als obsolet und überflüssig erscheinen lassen, gewählt wird wie in der Politik, jeder darf seine Stimme abgeben und das Resultat ist dann wirklich eine Partei, die sich mit allen Regeln der demoralisierten Politik durchgesetzt hat. Wäre es nicht interessant, wenn Künstler und Künstlerin sein, etwas anderes meint, den massenmedialen Diktaten und Aufmerksamkeitsstrategien nicht entsprechen muss und will, sich auch nicht beim wühlen im Dreck überbieten muss und will, und Vielfalt sich wieder auch in die Vertikale hin ausdeht, zu geistigen und geistvollen Konzepten? |