NosOtros Das Photofestival in Madrid thematisiert Wir und die Anderen

Überall in der Stadt verweisen Plakate auf PHE03, das Signet des Festivals, mit unterschiedlichen Bildern, auf denen eine Person einen Spiegel vors Gesicht hält, in dem sich jemand Anderer spiegelt. Gib dem „Anderen" eine Chance, das war wohl die Haltung, die man gerne transportiert hätte. Doch was die Fotografen so an den „Anderen" fasziniert, ist oft genug erst recht befremdlich, kurios, exaltiert, gebrochen, traurig. Immer wenn es Richtung Kunst geht, tauchen im Sucher Verfallserscheinungen, Entgleisungen, Eitelkeiten auf, Katastrophen, Kriege oder aber Bilder wie man sie beim jähen erwachen nach einem Traum noch kurz hinter verschlossenen Lidern sieht. Nachgetrauert wird ein wenig der 68er Generation mit ihrer großzügigen Akzeptanz von Verlierern, Kranken, Spinnern in einer berührenden Ausstellung die behauptet: Niemand ist normal!

Als eindrucksvollstes zeitgenössisches Statement zum Thema sind mir die unterschiedlichen Schärfen im Selbstporträt von Garcia de Cubas ins Auge gesprungen und seine Überblendungen, die schlussendlich eine Vielzahl von Augenpaaren bieten, die alle auf mich, auf dich schauen. Sein verbales Statement dazu: Immer wenn ich aus dem Fenster schaue, sehe ich mich. Man sieht nur was man sehen will oder sehen kann, gleichzeitig trägt man in Ansätzen so allerlei mit sich herum, das bei Anderen vielleicht ausgebrochen ist. Garcia de Cubas ist auch Jazzmusiker und Autor, es ist anzunehmen, dass ihm genug kurioses vor die Linse käme, doch er hat sich für eine einfache Parabel entschlossen, die vor allem deswegen überzeugt, weil sie Ich und die Anderen in Eines zusammenfallen lässt. Das Ich als Konstruktion, als vielleicht reflexive Erfindung, war mehrfach Thema, vor allem auch bei dem weithin bekannten Joel Peter Witkin, der diesmal die Geschlechterdifferenz aufhob, indem er schöne Frauen mit schwarzen Penissen komplettierte. Der einzige Österreicher auf diesem Festival, Peter Ganser, kommt aus dem Journalismus. Sein Sun City zeigt ein Pensionistenleben für Betuchte, von makabrer Schöheit und Stille. Inmitten von äußerst lebhaftem Nachtleben, nahm sich eine Lichtinstallation von Sanchez Castillo zwiespältig aus; er signalisierte ein Leben ohne Arbeit. Gerade an diesem Ort kann es jenen gewidmet sein, die Arbeit suchen und nicht finden, es tummeln sich aber auch Viele dort, die sich zwar viel Geld, aber keine Arbeit wünschen. Im Internet können sich auch Betrachter kreativ einschalten, indem sie zu den dort ausgestellten Bildern Texte verfassen, die wieder bewertet werden und Preise gewinnen können. www.phedigital.com

Jana Wisniewski                                                    >>>>>e-motionArtspace>>>>>            <<<<<Archiv<<<<<